Kapelle Funnenkampstr.

Eine wechselvolle Geschichte

Foto: Wilma Koch


Wegekapelle an der befahrenen Funnenkampstr. in Olfen ist regelmäßig Station der Fronleichnams-Prozession

Kirche + Leben vom 26.05.13
Über 100 Jahre alt ist die schmucke Wegekapelle, die direkt an der viel befahrenen Funnenkampstraße in Olfen zu finden ist. Zum Verweilen lädt sie nicht gerade ein, denn Autos, Radfahrer und Fußgänger eilen vorbei und verbreiten Hektik statt Ruhe und Besinnlichkeit. Und doch kommt es immer wieder vor, dass Leute stehen bleiben, um das über 200 Jahre alte Relief mit dem Motiv „Christus am Ölberg“ zu betrachten und auf sich wirken zu lassen.

Pflege der Kapelle

Seit 1982 hält Wilma Koch die Kapelle ehrenamtlich in Ordnung. „Für mich war es selbstverständlich, als direkter Nachbar die Pflege zu übernehmen“, betont sie und fügt erklärend hinzu, dass sie den Dienst von der Familie Hülk übernommen hat. Das waren die ehemaligen Besitzer der Kapelle. Sie mussten wegziehen, weil ihr Haus abgerissen wurde. Wilma Koch ist schon vielen Menschen begegnet, für die die Kapelle eine besondere Bedeutung hat. Vor einiger Zeit haben Russlanddeutsche ganz in ihrer Nähe gewohnt. „Die haben immer mal wieder ein 5 oder 10 Cent-Stück in die Kapelle geworfen“, erzählt sie. Wahrscheinlich ein Ritual, das mit der Hoffnung auf die Erfüllung eines Wunsches in Zusammenhang steht. Immer wieder sieht sie Leute, die ein Kreuzzeichen machen, wenn sie an dem Ort des Glaubens vorüber gehen.

 

Doch auch negative Erfahrungen gibt es zu berichten. Einige Male verunreinigten Vandalen die Kapelle mit Eiern, Ketchup, Cola und Senf. Das Geschmier auf dem empfindlichen Naturstein war nicht einfach zu säubern. Lieber erzählt Wilma Koch von den erfreulichen Dingen.

 

Zum Geburtstag ein Nachbarschaftsfest

Als die Kapelle 111 Jahre alt war, hat die ganze Nachbarschaft ein großes Sommerfest im Freien veranstaltet. Dazu waren auch der Pastor und der Bürgermeister eingeladen. Festlich geschmückt wird die Kapelle jedes Jahr an Fronleichnam. Zuvor unterzieht Wilma Koch die Kapelle einer gründlichen Reinigung mit Wurzelbürste und Wasserschlauch. Der grüne Eisenzaun, der die Kapelle schützt, wird einladend geöffnet. Die Nachbarn holen ihre schönsten Blumen aus dem Garten und stellen Fahnen auf. Auf dem Altar kommt ein weißes Tischtuch mit frische Blumen, Kerzen und alten Kerzenständern, gespendet von der Familie Hülk, die die Kapelle einst von ihren Vorfahren erbte.

 

Die Geschichte der Kapelle

Die Geschichte, die sich um den Ort der Besinnung rankt kann nur begrenzt zurück verfolgt werden. Im Jahre 1896 wurde eine alte baufällige Kapelle, die an der gleichen Stelle stand, abgerissen. Wie alt diese Kapelle war, ist nicht bekannt. Doch war sie in Katasterplänen, die 1822 erstellt wurden, bereits eingezeichnet. Das hat Werner Dirkmann für sein Buch, in dem es um die Olfener Heide geht, recherchiert. Das Ehepaar Heinrich und Anna Becker, die gleich daneben wohnte und denen das Grundstück gehörte, baute im Jahre 1896 eine neue Kapelle. Ob das Sandstein-Relief, dass darin eingemauert zu sehen ist, auch in der vorigen Kapelle dargestellt war, ist nicht bekannt.

 

1982 drohte der Kapelle wegen der Verbreiterung und Verlegung der Straßenführung ebenfalls der Abriss. Der Kreis Coesfeld ließ die Kapelle dann doch stehen und ließ nur die beiden Linden davor entfernen. Die Familie Hülk einigte sich mit der Stadt und schenkte ihr die Kapelle, die 1984 aufwendig renoviert wurde.

 

Edith Möller


 

1896 - Schenkungsvertrag

Zwischen dem Böttcher Heinrich Becker hier einerseits und dem römisch-katholischen Kirchenvorstand hier andererseits ist folgender Schenkungsvertrag heute abgeschlossen.

Einziger Paragraph
Seit undenklicher Zeit stand in der südlichen Spitze des Grundstückes Flur 15, Nr. 122 der Gemeinde Stadt Olfen ein Kapellchen. Es ist im Oktober 1896 abgebrochen und ein neues besseres sofort an fast der selben Stelle erbaut.

Soweit nicht etwa schon früher die Grundfläche des alten Kapellchens rechtlich der Pfarrkirche oder der Kirchengemeinde gehört hat, schenkt hierdurch der Eigentümer jenes Grundstückes Flur 15, Nr. 122, Böttcher Heinrich Becker, an die römisch-katholische Pfarrkirche zum hl. Vitus hier: die gesamte Grundfläche des neu erbauten Kapellchens sowie außerdem an der Süd- und Westseite desselben aller Grund und Boden, soweit er dem Schenkgeber gehört; ferner ringsum die Grundmauern an der Ost- und Nordseite desselben eines Breitstreifens von 0,50 m. Auch bewilligt er die Auflassung der ganzen Schenkungsfläche für die genannte Kirche zum hl. Vitus im Grundbuch durch den Beauftragten des Kirchenvorstandes. Das geschenkte Objekt ist etwa 25 Mark wert, also die Schenkung stempelsteuerfrei. 

 

Die geschenkte Bodenfläche ist rund 24 qm groß.

Der Kirchenvorstand nimmt diese Schenkung dankbar an; die kirchliche Gemeindevertretung stimmt zu.

Olfen, 5. November 1896.

H. Becker

 

Die kirchliche Gemeindevertretung

gez. Metzinghaus,Vorsitzender,
A. Wiemann, W. Wethmar

Der Kirchenvorstand

gez. Dirking, Pfarrer
Sulzer, Bisping


 

Übereinstimmung mit dem Original beglaubigt:
Olfen, 6. Nov. 1896. Dirking, Pfr.

Quelle: Pfarrarchiv A 213